Hand aufs Herz – haben wir manchmal nicht alle ein wenig die Digitalisierung satt? Über das Internet wird das Hotel gebucht, unterwegs zeigt das Navi den Weg und das Smartphone warnt vor Staugefahren. Als Route wird die schnellste gewählt, schließlich möchte man schnell im Urlaub ankommen. Doch was ist wenn der Urlaub schon beim Drehen des Zündschlüssels beginnt?
„Wir sind immer für Sie da!“
Ständig online, ständig verfügbar, ständig den Blick auf einen Bildschirm – ob groß oder klein. Ich bin es satt. Im Büro strahlen mich täglich drei Bildschirme an, zwischendurch checkt man kurz das Smartphone. Ist man mal nicht am Arbeitsplatz, erinnert einen das Handy daran, dass eine neue Mail darauf wartet, gelesen und beantwortet zu werden. An sich ist ja alles nicht ganz verkehrt und es schafft weitere, großartige Vorteile wie agiles Arbeiten ohne räumliche Barrieren und unabhängiges, aktives Wirken von überall aus. Theoretisch könnte ich mit der heutigen Technik in einem Café an der Hafenpromenade sitzen und arbeiten. Doch dann kommt der Urlaub und ich merke schon, wie mich schon Gedanke daran, alle elektronischen Geräte auszuschalten unheimlich beruhigt. Stille. Ruhe. Außer den Menschen um mich rum kann und muss mich niemand erreichen. Ist das nicht eine tolle Vorstellung?

Bei meinem Auto habe ich sukzessive auf nahezu alle modernen Features verzichtet. Kein Navigationssystem, keine Handy-Anbindung zum Musik hören, keine Freisprecheinrichtung – nichts. Nur die Straße, mein Auto und ich. Oft erwische ich mich, wie ich sogar das Radio ausschalte und einfach den Fahrgeräuschen zuhöre. Für Viele ist das undenkbar – Musik, Lärm und Telefonieren gehört doch beim Autofahren einfach dazu! Ich möchte nicht nur mit meinem Youngtimer verreisen, sondern auch „wie damals“ reisen. Ohne elektronische Unterstützung, ohne Einschränkungen, ohne den ganzen Alltags-Wahnsinn. Beginnen soll das Ganze jedoch nicht erst am Urlaubsort, sondern schon beim Losfahren Zuhause, bzw. in der Planung!
Abstand schafft Anstand
Die Initialzündung für diesen Gedanken und Wunsch kam vor einigen Jahren in den Flitterwochen: Meine Frau und ich hatten in Marokko keine Internetverbindung und waren für zwei Wochen, bis auf ein paar WiFi-Hotspots in Cafés, völlig abgeschottet von der digitalen Welt. Als wir nach einigen Tagen unsere Smartphones wieder mit dem Netz synchronisierten und binnen wenigen Sekunden von unzähligen Alerts, Pushes und Nachrichten überschwemmt wurden, merkten wir schnell unabhängig voneinander: Wir haben nichts verpasst oder vermisst! Keine dieser Informationen war wichtig. Was wir in dieser Zeit aber anders wahrgenommen haben als sonst, war unsere Umwelt. Die Menschen um uns herum, die Schönheit kleiner, unscheinbarer Dinge und uns selbst! Ist das Smartphone erstmal weg, fängt man von selbst wieder an miteinander zu sprechen, sich gegenseitig auf schöne Dinge um einen rum aufmerksam zu machen – doch was hat das alles mit dem Urlaub im Auto zu tun?
Vergessene Romantik
Auch heute, etwa ein Drittel Jahrhundert alt, erinnere ich mich noch das Abenteuer Urlaub mit dem Auto. Von der Rücksitzbank aus konnte ich genau beobachten was um uns rum passiert. Meine Mutter hat uns immer wieder erklärt wo wir gerade sind und was wir sehen, in ihrer Hand die gute, alte Straßenkarte „Europa“. Ich kann mich erinnern wie meine Eltern am Auto standen, die Landkarte und ein Notizblock auf der Motorhaube unseres BMW E30 und später Mercedes 190er und am orientieren wo wir gerade sind, wo wir hinwollen und über welche Straße wir am besten dahin kommen. Klingt das nicht ein wenig romantisch? Die Generation meiner heute siebeneinhalb Monate alten Tochter wird später Urlaubsreisen im Auto damit in Verbindung bringen, welchen Film sie auf welcher Route gesehen hat – Smartphone und Tablet sei Dank. Ich hatte in den frühen 90ern einen Nintendo GameBoy – versuch mal damit in etwas schummrigem Licht zu spielen oder sogar im dunkeln…
Meine romantischen Erlebnisse von damals möchte ich, soweit ich kann, weitergeben und selbst nochmal erleben können, diesmal als Papa.
Der Gedanke daran beflügelt mich und meine Hand zuckt schon nach dem Smartphone.
Moment! Die Vorbereitung, um mit einem Youngtimer, einem modernen Klassiker, in Urlaub zu fahren ist nicht diesselbe wie mit einem Neuwagen, damals wie heute! Unabhängig davon, wieviel man an einem Auto repariert und instand setzt, der gesamte Wagen altert und unabhängig der Laufleistung: Kunststoffteile trocknen aus und es sind, wie so oft, kleine, unscheinbare und günstige Kleinteile, die ein Auto zum Stehen kriegen. Das letzte Mal war es beim meinem 523i Touring nur eine kleine Kunststoff-Entlüftungsschraube für das Kühlwasser. Preis: 34 Cent bei BMW direkt. Bevor es an die große Planung der Reise geht, muss also das Fahrzeug sicher sein und alles mit im Gepäck haben, um die ein oder andere Panne souverän meistern zu können – erst recht wenn man ins Ausland fahren möchte.
Ich packe meinen Koffer(raum)
Die Reihenfolge des Packens ist dieses Mal anders: Zuerst muss alles ins Auto, was zum Fahren (können) benötigt wird. Die Auflistung variiert natürlich von Auto zu Auto und soll als Orientierung, nicht als offizielle Checkliste, gesehen werden. Um für alle Fälle gerüstet zu sein, muss folgendes ins Auto:
- Öl: Mit einem Kanisterchen Motor-Öl ist man auf alle Fälle gut beraten. In meinem E39 Touring fährt stets mindestens ein Literchen MOTUL 10W50 mit.
- Kabelbinder: Ein universaleres Werkzeug gibt es kaum. In Notfällen können entsprechende Kabelbinder sogar Schlauchschellen ersetzen! Das ist zwar keine dauerhafte Lösung, aber zum Weiterfahren reicht es.
- Schlauchschellen in verschiedenen Größen: Oft lösen sich mit der Zeit Schlauchschellen im Motorraum. Ob Kühlwasser- oder Unterdruck-Schlauch – beide Größen sollten mitfahren.
- Ersatzrad: Heute nicht mehr selbstverständlich, bei den meisten älteren Fahrzeugen mit an Bord. Vor dem Losfahren sollte aber auch hier der Luftdruck geprüft und der Reifen auf feine Risse untersucht werden.
- Luftpumpe: Auch wenn der geliebte Alltags-Klassiker kein Fahrrad ist: Mit einer Pumpe kann man bei einer Reifenpanne in der Regel ein paar Kilometer weiterfahren.
- Werkzeug: Ein kleines Werkzeugset sollte unbedingt mit an Bord sein. Zusätzlich ist eine Zange, ein Seitenschneider und ein paar Schraubenzieher empfehlenswert.
- Kühlflüssigkeit: Gerade im Sommer sollte bei einem Kühlleck gewährleistet sein, dass der Motor auf der Heimfahrt keinen dauerhaften Schaden davon trägt.
- Spezifische Ersatzteile: Jedes Auto hat seine Schwachstellen und Kleinteile, die gerne kaputt gehen. Eine kleine Internet-Recherche klärt auf, was genau benötigt wird.
Im Großen und Ganzen sind es lauter Kleinigkeiten, die auf der Reise mit dem Youngtimer nicht fehlen dürfen. Möchte man auf Nummer sicher gehen, bietet es sich an Oldtimer-Foren nach ähnlichen Themen zu untersuchen, im Grunde unterscheidet sich das Prinzip zwischen Old- und Youngtimer nicht.
Wo soll’s denn hingehen?
Die Reiselust ist vorhanden, doch wo soll es mit dem guten Stück und der Familie hingehen? In erster Linie ist entscheidend, was man seinem Auto zutrauen kann und möchte. Ein BMW 5er Touring ist das perfekte Reiseauto, kleinere, kompaktere und leistungsschwächere Autos kommen bei manchen Strecken eben doch ins Schwitzen, erst recht wenn sie entsprechend beladen sind.
Natürlich kann man bei entsprechender Abenteuerlust mit seinem Youngtimer auch eine Weltreise machen, doch das ist hier nicht das Ziel. Primär bietet sich Deutschland als Reiseland an: Von der schönen Nordsee bis hin zum Bodensee im Süden der Republik bietet Deutschland für jeden Geschmack und Wunsch das richtige Reiseziel. Vorteil ist hierbei, dass man „Zuhause“ ist und dadurch auch in etwa weiß, was einen erwartet. Wie wäre es denn, wenn man den Urlaub gleich mit einem Besuch der „Heimatstadt“ des eigenen Autos kombiniert? Zum Beispiel mit dem Porsche Museum in Zuffenhausen, dem Mercedes Benz Museum in Stuttgart oder sogar die Volkswagen Autowelt in Wolfsburg?
Benachbartes Ausland
Wem Deutschland nicht abenteuerlich genug ist, sollte einen Blick ins benachbarte, europäische Ausland werfen. Italien, Frankreich und sogar Spanien und Portugal bieten sich hervorragend an, da sie in der Regel malerische Aussichten mit spannend zu fahrenden Straßen und ausreichend Strände bieten.
Wer es etwas abenteuerlicher – und günstiger möchte, kann sich auch Richtung Osteuropa bewegen. Empfehlenswert ist hier Ungarn, Tschechien, Bulgarien und Kroatien.
Einfach loslassen
Wer den Schritt geht, die modernen Helferlein deaktiviert zu lassen und nur im Notfall zu benutzen, merkt schnell, dass man schon nach wenigen Kilometern langsamer und aufmerksamer wird. Der große Nachteil daran ist, dass das aufmerksame Fahren einen auch körperlich fordert, schließlich ist man es in der Zwischenzeit gewohnt, im klimatisierten, vollautomatischen Auto zu sitzen und nur etwas am Lenkrad zu drehen.
Liebe Youngtimer- und Oldtimer-Fahrer, nur Mut! Autos sind zum Fahren da, genießt die Zeit im alten Auto mit der Familie oder Freunden und fahrt los! Auch wenn es nur ein Kurztrip übers Wochenende ist: Das erste Mal analog verreisen wird nicht das letzte Mal sein, versprochen!