Leidenschaftliches Handwerk

Dieses Mal führt mich mein Weg zu einem befreundeten Lackierer aus Reutlingen, der in einer kleinen Werkstatt , die er sich mit seinem Bruder teilt, in seiner Freizeit an Autos schraubt und lackiert. Aus Erfahrung weiß ich, dass die Jungs eine sehr gute Arbeit leisten – primär weil sie aus Liebe zu den Autos und Bikes arbeiten – statt um wirklich Geld zu verdienen. Für meinen Teil profitiere ich davon: Die Preise bleiben meistens durchaus nachvollziehbar und fair.
Beim Anblick meines BMW verzieht er das Gesicht und meint: „Silber? Das kann nach hinten losgehen. Aber das schaffen wir schon.“ Die Schwierigkeit bei silbernen Lacken ist den richtigen Farbton zu treffen, damit es nicht schräg aussieht und der Wagen partiell einen anderen Farbton bekommt. Bislang wurde weder ich, noch jemand anderes aus meinem Bekanntenkreis von ihm enttäuscht, daher vertrau ich einfach und hoffe, dass mir meine bisherige Glückssträhne mit dem Wagen erhalten bleibt.
„Silber? Das kann nach hinten losgehen. Aber das schaffen wir schon.“
Typische Roststelle beim E39 Touring: Heckklappe

Gemeinsam gehen wir die Karosserie durch und fangen beim schlimmsten Teil an: der Heckklappe. Touring-Modelle von BMW haben in der Regel eine zweigeteilte Heckklappe: Neben der konventionellen Heckklappe lässt sich die Heckscheibe über einen zusätzlichen Schalter auch einzeln öffnen. Das erleichtert das Einladen von kleineren Gegenständen in den Kofferraum zwar immens, erfordert aber auch eine entsprechend aufwändige Konstruktion mit mehreren, unabhängigen Wasserabläufen. Der im geschlossenen Zustand nicht sichtbare Scheiben-Rahmen der Heckscheibe hat zwar einiges an Rost abbekommen, lässt sich jedoch selbst reparieren, die sich diese Stelle auch mit einem Pinsel gut verarbeiten lässt und man die Stelle nicht wirklich sieht. Am unteren Teil der Heckklappe reicht eine partielle Lösung nicht mehr aus, diese muss vollständig entrostet und neu lackiert werden. Was dabei leider verloren gehen wird: Der klassische 523i Schriftzug – ob er wieder drankommt ist unsicher. Die vernünftigste Lösung ist ein kompletter Austausch des Ersatzteils, was aber den Rahmen des Budgets sprengen würde.
Mehrere Tage Arbeit am BMW
Beim weiteren Begutachten der großen Karosserie fallen lediglich die etwas verkratzte Heckstoßstange und zwei ganz leicht angerostete Radläufe auf. Bei den Radläufen handelt es sich zwar nur um kleine Bläschen, bei der hinteren Stoßstange jedoch um Parkrempler des Vorbesitzers – wahrscheinlich aufgrund der ausgefallenen Parksensoren. Da der Lackierer nur nach Feierabend und am Wochenende an meinem Wagen arbeiten kann, muss ich notgedrungen meine geliebte Big Lady für etwa vier bis fünf Tage dort stehen lassen. Werde ich überleben müssen.
Überraschend fairer Preis

Bei der Frage nach dem Preis merkt man, dass der Lackierer mit sich kämpft. Im Gegensatz zu rot, schwarz oder weiß ist silber ein sehr undankbarer Farbton, der an einem 16 Jahre alten Auto schwer zu treffen ist. Dass man die lackierten Bereiche nicht gleich sieht wird ein schweres Unterfangen, eventuell muss der ein oder andere Teil des Fahrzeugs zusätzlich neu lackiert werden. Trotzdem, er mach mir ein Angebot, dass ich nicht ablehnen kann: 400€. Inbegriffen ist dabei folgendes:
„400€ – weil du’s bist und ich dein Auto mag. Aber wehe Morgen stehen alle deine Freunde bei mir auf der Matte und wollen was lackiert haben!“
- Heckklappe komplett
- ausgebleichte Türgriffe
- Heckstoßstange komplett
- Frontspoiler komplett
- Beide Kotflügel vorne
- Kotflügel hinten links
Als kleinen Bonus bekomme ich ein Fläschchen mit Wagenfarbe, um mit einem Pinselchen die kleinen Steinschläge notdürftig zu reparieren. Mit einer professionellen Politur durch einen Aufbereiter sollten dadurch nahezu alle Kampfspuren der letzten 16 Jahre verschwinden.
Vorletzter Feinschliff

Das Lackieren ist vorerst der vorletzte Schritt bei der Vollendung meines geliebten BMW. Danach soll das Auto nur noch aufbereitet und poliert werden, dann sind die großen Arbeiten vorbei!
Zu schaffen gibt es jedoch weiterhin viel! Die nächsten Projekte an der Big Lady stehen schon an. Bevor es jedoch soweit ist, muss zuerst alles technische erledigt werden – ab zu Michael von MM Fahrzeugtechnik!
Kleiner Teaser: Im nächsten Teil geht es richtig zur Sache!