Stille Helden gibt es in der Auto-Industrie kaum, bei BMW schon gar nicht. Chefdesigner wie Adrian van Hooydonk oder Chris Bangle wurden in der bayrischen Traditions-Schmiede für ihre Werke stets bejubelt oder niedergemacht. Das Design des BMW E39 spiegelt das Understatement seines Designers Joji Nagashima wieder: Ruhig, gelassen, zurückhaltend und doch sehr dynamisch und energisch.
Wir möchten aber mehr über das Design des BMW E39 und den Mann dahinter wissen.
Das Design des BMW E39:
nur eine Übergangslösung?
Der BMW E39 ist die Brücke zwischen dem klassischen BMW-Design und der „Modernen Ära“.

Die vierte Generation des BMW 5er, die Baureihe E39, ist zweifelsohne die unscheinbarste aller Modell-Generationen. Optisch lässt sich der BMW E39 eindeutig als klassischer BMW identifizieren: Ausgewogene Proportionen, gerade Linien mit sanften Kurven und eine sehr ruhige, sanfte Linienführung. An der Front schauen die beiden Doppelscheinwerfer konzentriert auf die Straße, verstecken sich aus aerodynamischen Gründen jedoch hinter Glas – wodurch sie für damalige Verhältnisse sehr futuristisch wirkten. Für BMW war allein dieses Design-Element ein Quantensprung in Richtung Zukunft.
Im Innenraum dominiert das klassische BMW-Rezept: Eine dem Fahrer zugewandte, sehr breite, schlichte Mittelkonsole mit allen wichtigen Funktionen. Kein iDrive, keine aufgesetzten Displays und nichts, was den BMW-Fahrer von seiner Lieblingsbeschäftigung abhalten könnte: BMW Fahren.

Die Brücke zur Moderne
Trotz allen klassischen Elementen, verfügt der BMW E39 jedoch einige Design-Features, die sich auch in den späteren „modernen“ BMW finden. Am prägnantesten sind die Corona-Ringe (im Volksmund auch „Angel Eyes“ genannt) – ein Design-Merkmal das in nahezu allen darauf folgenden BMW-Modellen zu finden ist. Der E39 ist auch der erste BMW 5er, dessen Aerodynamik bis ins letzte Detail optimiert wurde. Ein geringer Luftwiderstand von lediglich 0,28cW spart nicht nur Sprit, sondern lässt das Auto auch entsprechend leichter Beschleunigen und ermöglicht einen höheren Top-Speed.
Joji Nagashima
Der Mann hinter dem BMW E39
Eins hat Joji Nagashima mit dem E39 nicht:
Polarisiert.

Verantwortlich für das neue BMW-Design beim E39 war Joji Nagashima. Der in Tokyo geborene Japaner machte 1980 seinen Abschluss an der Wayne State University in den USA und arbeitet seit 1988 für BMW. Während er beim Projekt E39 die federführende Rolle übernahm, war er auch an der Entwicklung der dritten und fünften 3er-Generationen E36 und E90, als auch beim BMW Z3, beteiligt. Nachdem der BMW-Designer Claus Luthe ziemlich plötzlich aus dem Unternehmen BMW ausschied, übernahm Joji Nagashima federführend das Projekt E39, schuf einen Prototypen und brachte ihn bis zur Serienproduktion.

Joji Nagashima: Lebenslauf
- 1955
- In Tokyo geboren.
- 1978
- Abschluss an der „Musashino Art University Department of Craft and Industrial Design“.
- 1980
- Master-Abschluss an der Wayne State University in den USA.
- Fängt bei Opel in Rüsselsheim an.
- 1986
- Wechselt von Opel zu Renault Design.
- 1988
- Schließt sich dem BMW Design Team an.
- 1994
- Übernimmt und schließt die Design-Entwicklung des BMW E39 als Leiter ab.
- 2009
- Arbeitet als Design-Dozent an der Seika University in Kyoto.
- 2015
- Arbeitet als Dozent an der Tokyo University of Technology Design
Nicht zu viel.
Nicht zu wenig.
Seine Herangehensweise war – BMW-Untypisch – ziemlich vorsichtig: Nicht zu viel und nicht zu wenig verändern! Der BMW E39 war eindeutig als BMW 5er zu erkennen, hatte ähnliche Proportionen wie sein Vorgänger E34, wagte aber nicht allzu viel Veränderung – ein Grund, warum der Wagen auch heute noch für Viele zu unscheinbar ist, um als Besonderheit wahrgenommen zu werden. Unter dem Blech fanden eine Menge Innovationen ihren Platz, nach außen hin war er für BMW-Verhältnisse nahezu langweilig: Er polarisierte seinerzeit nicht genug. Nichtsdestotrotz sind Viele der Meinung, dass der E39 der schönste aller 5er ist – mich eingeschlossen.

Auch wenn das Design des BMW E39 nicht besonders außergewöhnlich war, bildete der BMW 5er der vierten Generation die Basis für weitere Entwicklungen und Design-Spielereien. Man vermutet es kaum, aber im E39 laufen nahezu alle Design-Elemente, die man von späteren BMW wie zum Beispiel den E90 kennt – schließlich stammt dieser, wie auch der E39, aus der Feder von Joji Nagashima.
Zeitlos, modern & klassisch.
Ein Design als zeitlos zu betrachten entspricht der höchsten Adelung des Designers.

Das Besondere am E39-Design ist sein Understatement, er stammt schließlich aus einer Zeit, in der BMW Fahrzeuge durch Klasse statt abstrusen Design-Spielereien überzeugten. Durch sein Brückenmodell-Dasein und seinem eleganten Spagat zwischen BMW Klassik und Moderne wirkt er schlichtweg zeitlos – ob als Touring oder Limousine. Für mich als E39-Fahrer ist er der schönste aller 5er-Generationen, die Speerspitze der Evolution der Baureihe und ein krönender Abschluss der klassischen Design-Ära von BMW. Seine technische Reife unterstreicht zusätzlich seinen automobilen Wert: Es ist nicht nur ein erhaltenswertes Auto, sondern ein Meilenstein der BMW Design-Geschichte.
E39
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Die Preise für BMW E39 steigen langsam an, auch die Ersatzteil-Preise gehen langsam aber sicher in die Höhe. Noch gibt es gut erhaltene und gepflegte Exemplare auf dem Markt. Wer noch einen der letzen, klassischen BMW 5er mit den legendären BMW-Reihensechszylinder sein Eigen nennen möchte, sollte nicht allzu lange warten und zuschlagen. Was es damit auf sich hat, solch ein Auto zu fahren, könnt ihr in unserer Rubrik „Projekt BMW E39“ nachlesen.
Text: Moschos Moschokarfis
Bildquelle: BMW Group